Schaufenster. Wie Filmaufnahmen den dörflichen Kontext formen

 

Nicht nur zu den Feiertagen erwarten uns kunstvoll gestaltete Produktlandschaften in den Kaufhausfenstern. Gerade zu Weihnachten werden wir oft von märchenhaften Schneelandschaften mit allerlei Fabelwesen, Rennautos und anderem Spielzeug empfangen. Alles ist exakt arrangiert. Es wird auf einen bekannten Kodex aus Bildern zurückgegriffen, um mit unseren Gefühlen und Erinnerungen zu spielen. Niemand würde so ein Diorama als eine realistische Reproduktion der Wirklichkeit ansehen. Trotzdem funktioniert es (das Diorama) einerseits in seiner kommerziellen Aufgabe, andererseits aber auch in der Evokation von Emotionen. Neben diesen Schaufenstern im wörtlichen Sinne gibt es ferner Schaufenster im metaphorischen Sinne.

Historische Filme sind solche Schaufenster. Sie zeigen uns, schön gerahmt, einen winzigen Ausschnitt einer vergangenen Lebenswelt. Sie bleiben immer ein künstliches Produkt, auch wenn der Aufwand der Konstruktion sich je nach Film unterscheiden kann. Selbst vermeintlichem „drauf los Filmen“ geht eine Entscheidung voraus und jeder Moment des Filmens ist eine Abwägung, was zu zeigen ist und was nicht. Das eröffnet Möglichkeiten zur Interpretation des Mediums, wenn man die für Historiker übliche Frage nach Authentizität zurückstellt. Die Künstlichkeit von Filmen wird so von ihrem Ausschlusskriterium zum Forschungsgegenstand. Der mögliche Wissensgewinn liegt dann in der Beobachtung des (nicht)gezeigten und der Frage nach dem Warum. Solche Aufnahmen haben einen besonderen Wert, da sie eines der seltenen Zeugnisse aus dem ländlichen Raum selbst sind.

Verschiedene Arten von Filmen zeigen uns auch unterschiedliche Perspektiven. Privataufnahmen geben uns vermutlich einen Einblick in die Lebenswelt und Vorstellungen einzelner Personen, während Dorffilme von Machtgruppen innerhalb der ländlichen Gesellschaft wie Vereine ganz andere Werte und Interessen in einem Film zum Ausdruck bringen. Letztendlich ist es wahrscheinlich, dass das Bild vom ländlichen Raum nicht durch ihn, sondern in Diskursen über ihn geprägt wird. Als Teil dieses Diskurses werden in diesem Zusammenhang auch kommerzielle Filme mit dem ländlichen Raum als Kontext verstanden.

An dieser Stelle soll einmal in diese Schaufenster geblickt werden, um zu sehen, was sie uns zeigen. Welche Bilder und Vorstellungen stellen sie dar? Wer produziert diese Bilder? Wie unterscheiden sich die Perspektiven? Anhand dieser Fragen soll zum einen der Quellenwert historischer Filme erörtert und zum anderen neue Einsichtsmöglichkeiten in die Dorfgeschichtsforschung entwickelt werden.