Das Dorf erzählen

Panel auf dem Germanistentag in Bayreuth
28. September 2016

 

 

Im Zuge voranschreitender Urbanisierungs- und Suburbanisierungsprozesse verlieren Dorf und Landleben als reale Bezugs- und Orientierungsgrößen der Gestaltung des gesellschaftlichen Zusammenlebens weiterhin an Bedeutung. Gleichzeitig ziehen sie verstärkt die Aufmerksamkeit der Medien auf sich; wobei die Sichtweisen divergieren: Die einen beklagen das „Sterben“ der Dörfer, die andern feiern eine „neue Ländlichkeit“. Dabei geht es nicht nur um das Verhältnis von Zentrum und Peripherie. Die medialen und literarischen Repräsentationen des Ruralen lassen sich als Formen gesellschaftlicher Selbstbeschreibung verstehen, in denen sowohl Prozesse des Wandels registriert als auch mögliche Entwicklungen, befürchtete wie erwünschte, entworfen werden. Das Erzählen setzt sich hier also in ein spezifisches und zugleich aussagefähiges Verhältnis zur eigenen Gegenwart. Für die Erzählgattung „Dorfgeschichte“ gilt das seit ihrer Formierung Mitte des 19. Jahrhunderts: Sie reflektiert – sei es kritisch, sentimentalisch oder mitunter auch propagandistisch – Transformations- und Modernisierungsprozesse auf verschiedenen (sozialen, technologischen, kulturellen, ökonomischen, ökologischen etc.) Ebenen.
Das Panel fragt, wie Gesellschaften sich anhand von Dorfgeschichten und anderen Darstellungen des Ruralen über ihre eigenen Voraussetzungen und Möglichkeiten, Erfahrungen, Erwartungen und Ansprüche verständigen.

 

Impulsreferate:


Teil 1: Mittwoch, 28.09., 10.30 – 12.30 Uhr


1. Marc Weiland (Halle): Einführung: Schöne neue Dörfer?


2. Ansgar Mohnkern (Amsterdam): „In der musterhaftesten Ordnung“. Systeme ländlicher Ökonomien in Stifters Nachsommer


3. Werner Nell (Halle): Global Villages? Modellbildungen in der Weltliteratur


4. Claudia Stockinger (Göttingen): Das Dorf in Serie. Von der Gartenlaube zum Tatort


5. Julia Kölling (Konstanz): "Ich stülpe am Dorfrand die grünen Kelchblätter um, damit sie das Dorf nicht zudecken." – Herta Müllers Poetik des Verschwindes


6. Christoph Baumann (Erlangen): Landlust – Konturen einer zeitgenössischen Variation idyllischer Ländlichkeit

 

im Anschluss: Diskussion in der Runde

 


Teil 2: Mittwoch, 28.09., 14.00 – 16.00 Uhr


1. Michael Neumann (Konstanz): Lokales Wissen und globale Öffentlichkeit. Zur Politik der Dorfgeschichten


2. Norman Kasper (Halle): Dorfgeschichte und Geschichtsdiskurs in der Literatur der frühen DDR. Ideologische und poetologische Aspekte im Gespräch.


3. Inga Probst (Riga): Die DDR ein Dorf? Narrative des Ländlichen und Peripheren in Texten Kerstin Hensels


4. Barbara Schubert-Felmy (Berlin): Das Dorf in der Literatur der DDR. Eine Annäherung im Deutschunterricht aus erinnerungskultureller Perspektive


5. Martin Ehrler (Halle): Post-Industry: Ästhetisierungen des Danach


6. Marcus Twellmann (Konstanz): Dorfgeschichten im globalen Vergleich

 

im Anschluss: Diskussion in der Runde