Rurale Topografien erleben nicht nur gegenwärtig in den medialen, literarischen und künstlerischen Bilderwelten eine erneute Konjunktur; sie sind schon seit jeher in verschiedensten Funktionen ganz grundsätzlich am Konstituierungsprozess sowohl kultureller als auch individueller Selbst- und Fremdbilder beteiligt. Imaginäre ländliche und dörfliche Lebenswelten beeinflussen die personale und kollektive Orientierung und Positionierung in bestimmten Räumen und zu bestimmten Räumen. Dabei entwerfen sie Modelle, mit denen individuelle und gesamtgesellschaftliche Frage- und Problemstellungen durchgespielt, reflektiert und analysiert werden können. Insbesondere auch in ihren literarischen Verdichtungsformen und historischen Entwicklungslinien können sie als narrative und diskursive Reaktions-, Gestaltungs- und Experimentierfelder verstanden werden, die auf zentrale zeitgenössische Transformationsprozesse der Koordinaten Raum, Zeit, Mensch, Natur und Technik antworten. Damit wird auch die Frage diskutiert, wie eine Gesellschaft ist, war, sein kann und (nicht) sein soll.

 

Die Reihe „Rurale Topografien“ fragt aus verschiedenen disziplinären Perspektiven nach dem Ineinandergreifen von künstlerischer Imagination bzw. Sinnorientierung und konkreter regionaler und überregionaler Raumordnung und -planung, aber auch nach Möglichkeiten der Erfahrung und Gestaltung. Indem sie die Verflechtungen kultureller Imaginations- und Sozialräume fokussiert, leistet sie auch einen Beitrag zur Analyse der lebensweltlichen Funktionen literarisch-künstlerischer Gestaltungsformen. Denn Bilder des Ruralen sind nicht nur von ihren jeweiligen Entstehungskontexten beeinflusst. Indem sie selbst einem Ensemble von Orten, Zeiten, Figuren und Ereignissen eine spezifische Bedeutung verleihen, haben sie zugleich auch Anteil an der gesellschaftlichen Produktion und Rezeption, Aneignung und Ablehnung, Veränderung und Fixierung bestimmter Räume und Raumvorstellungen.

 

Nicht zuletzt die alltagsweltlichen Konzeptionen des Ländlichen sind es daher, die von ihren literarischen, filmischen, medialen und wissenschaftlichen Ab-, Gegen- und Zerrbildern sowie deren Traditionen und Topoi sowohl geprägt als auch hinterfragt wurden und werden. Gerade aus der doppelten Perspektive der weiterhin zunehmenden sozialräumlichen Ausdehnung des Urbanen auf der einen und seiner breit gefächerten wissenschaftlichen Erforschung auf der anderen Seite stellt sich dann aber auch die Frage nach dem Wesen und Status des Ruralen in modernen Gesellschaften immer wieder neu.

 

Ziel der Reihe ist die interdisziplinäre und global-vergleichende Bestandsaufnahme, Ausdifferenzierung und Analyse zeitgenössischer und historischer Raumbilder, Denkformen und Lebenspraktiken, die mit den verschiedenen symbolischen Repräsentationsformen imaginärer und auch erfahrener Ländlichkeit verbunden sind.

 

Die im Sommer 2014 gegründete Reihe wird von Werner Nell und Marc Weiland herausgegeben.

 

Wissenschaftlicher Beirat:

 

Friederike Eigler (Washington, D.C.)

Kerstin Gothe (Karlsruhe)

Dietlind Hüchtker (Leipzig)

Sigrun Langner (Weimar)

Ernst Langthaler (Linz)

Claudia Neu (Göttingen)

Magdalena Marszalek (Potsdam)

Barbara Piatti (Basel)

Marc Redepenning (Bamberg)

Bernhard Spies (Mainz)

Marcus Twellmann (Konstanz)

 

Website: https://www.transcript-verlag.de/reihen/kulturwissenschaft/rurale-topografien/